Die Architekten
110 Buchstaben aus Recyclingbeton vom Palast der Republik
Humboldt Forum, Berlin 2019

Abbildungen 4, 5, 6: Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss/Foto: Giuliani von Giese

Entwurf

Mit der Grundsteinlegung für ein Schloss auf der Berliner Spreeinsel begann 1442 eine komplexe Geschichte der Auseinandersetzung um Raum. Als 2018 Wettbewerbe für Kunst am Bau im Humboldt Forum ausgeschrieben wurden, hat uns die Frage gereizt: Wie kann ein Kunstwerk die Geschichte dieses zentralen Ortes aufgreifen, dieses umstrittenen Gebäudes, das so oft umgebaut wurde und dabei immer auch die gesellschaftlichen Verhältnisse spiegelte? Machtanspruch und Repräsentationswillen, ideologische, politische und ökonomische Interessen haben sich in die Baugeschichte eingeschrieben. Die Zwingburg, das barocke Hohenzollernschloss, der Palast der Republik und nun das Humboldt Forum sind Etappen in einem Prozess der Transformation.

Bei der Ideenfindung gingen wir nicht von den Bauherren aus, sondern von den Architekten, die deren Wünsche umsetzten: Konrad Krebs, Caspar Theiss, Rochus Graf zu Lynar, Johann Arnold Nering, Andreas Schlüter, Johann Eosander von Göthe, Martin Heinrich Böhme, Karl Friedrich Schinkel, Friedrich August Stüler, Albert Dietrich Schadow, Heinz Graffunder und Franco Stella. Ihre Bauherren sind bis ins 20. Jahrhundert mit ihren Vornamen in die Geschichte eingegangen. Nun bilden die Vornamen der Architekten lückenlos aneinandergefügt ein Buchstabenfries, eine Namenskette, die rund 500 Jahre zurückreicht. Der Verzicht auf Wortabstände öffnet Raum für Interpretation. Aus JOHANNARNOLD zum Beispiel lässt sich Johann, Anna, Hanna und Arnold lesen. Das ist ein spielerischer Nebeneffekt. Im Vordergrund stand für uns die Auseinandersetzung mit der Definitionshoheit des öffentlichen Ortes.

Was man nicht sieht: Die 110 Buchstaben bestehen aus recyceltem Beton. Noch im Januar 2019 wurden Teile des Fundaments des Palasts der Republik abgetragen. Wir konnten 3 Tonnen des Schutts sichern, ließen ihn schreddern und nutzten ihn als Zuschlagstoff für unsere Arbeit. So haben wir eine Etappe der Baugeschichte direkt inkorporiert.

siehe dazu auch: Michael Bienert: „Buchstaben mit Geschichte“, Tagesspiegel 30.05.2019